Linus Riepler - Nach dem Taifun Als der Taifun in Kamiyama eintraf war das eigentlich keine große Sache. Zum Glück lag die Gegend in der wir wohnten nur am äußersten Rand des betroffenen Gebietes. Und trotzdem hatten alle die ganze Woche hindurch Angst davor gehabt. Für mich war es ein spektakuläres Erlebnis. Ich ging während der Taifun wütete im Wald spazieren und war beeindruckt von der Gewalt der Natur. Auch wenn mein Nachbar später sagte, „da war ja nichts“. Aber es ist wohl jede Erinnerung auch eine Interpretation. Milica hat mir erklärt, dass jede Emotion eigentlich nur unsere Interpretation davon ist, was wir fühlen und bereits erlebt haben. Dabei entstehen Muster die wir mit uns führen und manches Erleben ist einfach nur ein Missverständnis. Für mich war der Taifun jedenfalls eine einzigartige Erfahrung und die Stimmung im Wald hat die Landschaft für mich verändert. Vielleicht hatte es auch etwas damit zu tun, dass der Taifun genau an meinem Geburtstag eintraf. Als mir die Geburtstagsüberraschungspartytorte gereicht wurde, stieß der Taifun die Tür auf und blies alle Kerzen auf einmal aus. Das Erinnerungsvideo war im Eimer aber auch schnell ein neues rekonstruiert. Meine Frage ist es ja immer, wie sehr sich Erfahrungen und Erinnerungen durch Rekonstruktionen in meine Arbeiten übersetzen lassen. Ein Ort kann eine spezielle Bedeutung bekommen, wenn er mit einer Erinnerung verknüpft ist. So sind dann völlig langweilige Orte vielleicht die prägendsten. Und eine einfache Parkbank um vier Uhr früh, ein wichtiger Ort, weil hier die wirklich wichtigen Gedanken gedacht und die großen Gefühle gefühlt wurden. Die Landschaft nach dem Taifun war für mich prägend und einzigartig, das Gefühl hab ich in Wien aber wiedergefunden. Die Ausstellung zeigt Orte nach dem Taifun, in Kamiyama und Wien. After the Typhoon When the typhoon finally approached Kamiyama, it was actually not a big deal. The area in which we lived was on the very edge of its path. And yet, for me, it was a spectacular experience. I was walking through the forest while the typhoon raged, impressed by the violence of nature. Even though my neighbor would later have said: “Ah, that was nothing!”. But every memory is also an interpretation, after all. Milica explained to me that we interpret sensations and feelings based on our previous experiences and emotional patterns. That we, in a way, always already misunderstand ourselves, without making what we feel less real. The typhoon really was a unique experience and the unsettling atmosphere in the forest had changed the landscape in front of my eyes. But perhaps it had something to do with the fact that it happened exactly on my birthday. And that it was the typhoon that pushed open the door and blew all the candles of my surprise birthday cake - in one breath. The souvenir video went up the spout, but was quickly reconstructed again. It has always been my question how experience and memories come to be translated into my work through reconstructions. A place can have a special meaning if it is linked to a memory. Such completely boring places are then perhaps the most formative. And a simple park bench at four in the morning becomes an important place because here the important thoughts were thought and the great feelings felt. The landscape after the typhoon was determining and unique for me, but I have found the same feeling again in Vienna. The exhibition shows places after the typhoon, in Kamiyama and Vienna. english translation: Milica linusriepler.eu Fr. 31.01.2020 ab 19h (Ausstellungsbesuch bis 07.02.2020 nach Vereinbarung möglich unter +436507130184) in der ada Wattgasse 16/6 - 1160 Wien